Zionismus oder der Kampf um die
nationale Wiedergeburt
Von
Julius H. Schoeps
[aus: Zionismus. Texte zu seiner
Entwicklung, Dreieich, Wiesbaden 1983, hrsg. v. Julius H. Schoeps]
Ideologische Strömungen im Zionismus
Heftige innerzionistische Auseinandersetzungen über Ziele und
Wege des Zionismus kennzeichnen die nachherzlsche Periode. Obgleich in der
grundsätzlichen Auffassung mehr oder weniger einig, dass die Judenfrage gelöst
werden müsse, gab es ideologische Meinungsverschiedenheiten innerhalb der
Organisationen über Strategie und Taktik zukünftiger zionistischer Politik. So
sind in dieser Zeit zwei wichtige ideologische Tendenzen feststellbar,
einerseits die auf Herzl zurückgehende Tendenz des Primates der
politisch-territorialen Lösung, andererseits die auf Chibbath Zion und Achad
Jaam zurückgehende Tendenz nach unmittelbarer Verknüpfung mit Palästina, die
sich in praktischer Arbeit im Lande ohne vorherige politische Sicherung
ausdrücken sollte. Von dieser deutlichen Auseinandersetzung zwischen
politisch-diplomatischem und praktischem Zionismus abgesehen, ist für den
Betrachter die Vielfalt der ideologischen Gruppierungen innerhalb der Bewegung
aber äußerst verwirrend, vor allem, weil der Eindruck erweckt wird, als ob diese
Gruppierungen sich unablässig gespalten und kaleidoskopartig immer wieder neu
formiert haben. Die Gründe hierfür sind vermutlich in der Erklärung zu suchen,
dass diejenigen Juden, die sich zur zionistischen Idee bekannten, aus den
verschiedensten Gesellschaftsordnungen und Kulturbereichen kamen. Die
Schwierigkeiten, die sich hieraus ergaben und noch ergeben, liegen auf der Hand.
Ohne hier nun auf die Geschichte und Organisation der zionistischen Bewegung im
einzelnen eingehen zu wollen, soll trotzdem versucht werden, die vier
ideologischen Hauptrichtungen zu skizzieren, wie sie sich innerhalb der Bewegung
in den Sozialistischen Parteien, den Zentrumsparteien, den Religiösen Parteien
und den Rechtsparteien darstellen.[25]
Sozialistische Parteien
Im Zionismus haben sozialistische Gedankengänge schon früh eine große Rolle
gespielt, wenngleich sich zionistisch-sozialistische Gruppierungen aus
ideologischen Gründen nur langsam entwickeln konnten.[26] Hemmend wirkte sich
vor allem aus, dass nichtjüdische Sozialisten den Zionismus als besondere
Erscheinungsform des Nationalismus ablehnten, obwohl vor 1914 viele
sozialistische Theoretiker trotz des prinzipiellen Internationalismus nationalen
Bestrebungen durchaus positiv gegenüberstanden. So meinte Engels, eine
internationale Bewegung des Proletariats sei überhaupt nur zwischen
selbständigen Nationen möglich. Kautsky, Lenin, Stalin und andere Sozialisten,
die sich mit der nationalen Frage befassten, forderten das
Selbstbestimmungsrecht für alle Nationen, wobei sie jedoch
widersprüchlicherweise die "Judenfrage" ausklammerten, wenn sie von der
sozialistischen Politik der Selbstbestimmung sprachen. In der Regel wurde aber
von dem Axiom ausgegangen, dass im privatkapitalistischen System die wahren
Interessengegensätze ausschließlich aus der durch die objektive Interessenlage
bedingten Ausbeutung der Arbeiterklasse durch die Bourgeoisie herrühren. Aus
dieser Theorie ergab sich fast zwangsläufig die Folgerung, dass nationale
Bestrebungen nicht der objektiven Interessenlage der Mehrheit der Bevölkerungen
entsprechen, sondern vornehmlich dazu dienen, das kapitalistische
Ausbeutersystem aufrechtzuerhalten und die Massen von ihren wahren Interessen
und dem Kampf hierfür abzulenken. Das Programm der nationalen Selbstbestimmung,
wie es der Zionismus vertrat, wurde deshalb von den meisten nichtjüdischen
Sozialisten als eine Gefährdung des Internationalismus angesehen, was letzten
Endes in ihren Augen einen Schritt zurück bedeuten musste auf dem Wege zu der
erstrebten sozialistischen Revolution.
Dass der Zionismus ein Nationalismus im herkömmlichen Sinn sei, wurde von den
sozialistischen Zionisten bestritten, insofern sie darauf hinwiesen, dass die
"Judenfrage" keine rein nationale, sondern gleichzeitig eine soziale Frage sei.
Ähnlich den Austromarxisten Karl Renner und Otto Breuer vertraten sie die
Auffassung, dass der Kampf der geschichtslosen und unterdrückten Nationen
wesentlich ein sozialer Kampf sei, der den Zionismus als nationale
Emanzipationsbewegung rechtfertige. Insbesondere Ber Brochow versuchte die
jüdische Nationalbewegung mit dem marxistischen Sozialismus einschließlich der
Klassenkampf-Doktrin zu erklären. Entsprechen diesen Vorstellungen trat die
Arbeiterpartei Poale Zion, deren marxistische Ideen noch heute in den Parteien
Mapai und Mapam in Israel fortleben, für die Schaffung eines Territoriums in
Palästina auf dem Wege der Kolonisation ein. Würden dann noch die entsprechenden
Arbeitsplätze geschaffen, so die Ideologie des Poale-Zionismus, dann könne zum
Klassenkampf übergegangen und ein jüdisch-sozialistisches Gemeinwesen geschaffen
werden. Mit anderen Worten: Nationale und soziale Befreiung sollte in zwei
aufeinanderfolgenden Etappen erfolgen, wobei die nationalen Fragen Vorrang haben
und der Klassenkampf zurückzustellen sei zugunsten der nationalen Befreiung und
der Normalisierung der Produktionsbedingungen.
In der jüdischen Arbeitbewegung kamen jedoch nicht nur die marxistischen Ideen
der Poale Zion zum Zuge, sondern es sind auch sozial-revolutionäre Einflüsse der
russischen Narodniki-Bewegung festzustellen, die vor allem in der von Hapoel
Hazair beeinflussten Zeire Zion ("Jugend Zion") zum Tragen kamen. Im Gegensatz
zu der marxistischen Poale Zion, die eine Erlösung des jüdischen Proletariats
durch die sozialistische Revolution erhoffte, verwarf man hier den
Klassenkampfgedanken und den Begriff "Proletariat gleich Lohnarbeit" zugunsten
eines "volkssozialistischen" Programms, in dem gefordert wurde, die jüdische
sozialistische Bewegung müsse sich auf die ganze arbeitende Schicht im jüdischen
Volk stützen bzw. das Volk erst zu einem Leben der Arbeit erziehen.[27] Starke
Einflüsse auf diesen "Volkssozialismus" und die auf dieser Theorie entstehende
Chaluz-Bewegung hatten hier die Ideen Nacham Syrkins, der in seinen Schriften
weniger den objektiven Produktionsbedingungen als dem menschlichen Willen die
entscheidenden Möglichkeiten zuwies, die gesellschaftlichen Strukturen zu
formen.[28] Ähnlich argumentierte auch Aron David Gordon, der beeinflusst von
den Ideen russischer Sozialrevolutionäre und Tolstois Idealisierung des
bäuerlichen Lebens die Auffassung vertrat, das jüdische Volk, das im Galut ein
parasitäres Leben führe, könne nur dadurch befreit werden, dass es durch das
Mittel der Arbeit wieder in direkte Berührung mit dem Boden und der Natur komme.
Mit dieser metaphysischen Begründung der zionistischen Arbeiterbewegung, in der
sich Sozialismus und Nationalismus in eigentümlicher Weise mischten, hat Gordon
eine Lehre von der "Religion der Arbeit" geschaffen, die noch heute in weiten
Kreisen Israels als Ideologie, Dogma und Norm gilt.
Gleichgültig welcher Strömung innerhalb des sozialistischen Zionismus mehr
Gewicht zugemessen wird, ob Hapoel Hazair oder Poale Zion, die verschiedenen
Einflüsse sind zu einer weitgehend einheitlichen Arbeiterbewegung
zusammengeflossen. Manche Gruppen, wie der linke Flügel der Poale Zion, der aus
der Zionistischen Organisation in Lenins Dritte Internationale drängte, standen
zwar in Opposition zu der Einheit der jüdischen Arbeiterparteien, was aber
nichts an der Tatsache ändert, dass die zionistische Politik entscheidend von
sozialistischen Vorstellungen geprägt worden ist.
Zentrumsparteien
Der Begriff "Zentrumsparteien" kann für eine Strömung innerhalb der
zionistischen Bewegung angewandt werden, die wir unter der Bezeichnung
"Allgemeiner Zionismus" kennen. Wichtig ist die Betrachtung dieser Hauptströmung
innerhalb der zionistischen Bewegung deshalb, weil sie das Produkt einer
längeren Entwicklung vor und während der Mandatszeit darstellt. Ursprünglich
beherrschte der diplomatisch-politische Zionsmus Herzls die Zionistische
Organisation. Als aber die Führungsgremien die Aussichtslosigkeit einer
palästinensischen Charterpolitik erkannten, begann sich, nicht zuletzt unter der
Wirkung und Lehre von Achad Haam und Martin Buber, eine Neuorientierung
zionistischer Politik zu vollziehen. Nach einer Reihe von Jahren voll
erbitterter Kämpfe gelangte der Klärungsprozess zu einem gewissen Abschluss, und
es konnte sich auf dem X. Zionistenkongress 1911 der "Synthetische Zionismus"
Weizmanns durchsetzen, der in der Zukunft wesentlicher Bestandteil zionistischer
Ideologie werden sollte.
Die Vertreter des Allgemeinen Zionismus waren lange die bedeutendsten
Gruppierungen im Weltzionismus. Sie zeichneten sich vor allem dadurch aus, dass
sie die Judenfrage durch die gleichzeitige Verwirklichung dreier eng miteinander
verbundener Forderungen zu lösen suchten: Palästina, Nationalautonomie,
Gleichberechtigung. Als nationale Juden "haben wir das Recht", so schrieb
Nachum Goldmann, "gleich allen Völkern aufzutreten, unser Schicksal autonom
zu gestalten. [...] Zentrum und Basis unseres Volkstums ist unser altes Land.
Daher fordern wir Palästina". Aber ebenso findet die Existenzform der
Diaspora, in der vielleicht für immer die Majorität des jüdischen Volkes leben
wird, bei den Vertretern des Allgemeinen Zionismus Anerkennung. "Wir bejahen
sie und wollen auch hier als Volk leben. Daher verlangen wir nationale
Autonomie." Endlich: "Überall sind wir Glieder der einzelnen Staaten; wir
bejahen diese Tatsache; wir bekennen uns zu den Staatsgemeinschaften und fühlen
uns als ihre vollwertigen Glieder. Daher fordern wir volle Gleichberechtigung."
[29]
Religiöse Parteien
Obgleich die messianische Zionssehnsucht als wesentlicher Bestandteil der
jüdischen Religion anzusehen ist, war das Echo unter den gesetzestreuen Juden
auf die Aufforderung Herzls zur "Heimkehr zum Judentum"
und zur "Rückkehr ins Judenland" unterschiedlich. Das Spektrum der
Äußerungen reichte von einhelliger Ablehnung bis zur vorsichtigen oder
begeisterten Zustimmung. Manchen orthodoxen Juden erschienen die zionistischen
Bestrebungen als unvereinbar mit den religiösen Vorstellungen des Judentums. Von
anderen hingegen wurde der Zionismus nicht als Widerspruch empfunden, insofern
sie die Judenheit als eine nationalreligiöse Gemeinschaft empfanden und sich vom
Zionismus die Vollziehung der talmudischen Forderung erhofften, unbehindert
durch assimilatorische Strömungen und eine thorafremde Kulturwelt in Palästina
ein jüdisches Leben streng nach den Gesetzen führen zu können.
Um die Erfüllung des Baseler Programms mit den Vorschriften der Thora
sicherzustellen, wurde von einer Anzahl überlieferungstreuer Juden im Jahre 1902
der Sisrachi (merkas ruchani - geistiges Zentrum) gegründet. "In unserem
Programm", so bestimmte es der erste Delegiertentag des Verbandes,
"ist für keinerlei Arbeiten und Unternehmungen Platz, die nicht eine
unmittelbare Beziehung zum politischen und praktischen Zionismus haben. Jedoch
obliegt es den örtlichen Gruppen, sich mit kultureller Arbeit zu befassen nach
Maßgabe unserer heiligen Religion und Thora." [30] Diese programmatische
Forderung entsprach in der historischen Fortsetzung der bereits im 19.
Jahrhundert. von den Rabbinern Hirsch-Kalischer, Elia Gutmacher, Samuel
Mohilever und anderen geäußerten Überzeugung, eine nationale Wiedergeburt des
jüdischen Volkes könne nur unter Berücksichtigung der religiösen Überlieferungen
angestrebt werden. Wie immer der Misrachi zu politischen Forderungen des
Zionismus im einzelnen stehen mochte - er erblickte im zionistischen Programm
eine Lösung der politisch-wirtschaftlichen und kulturell-religiösen Judennot.
Kurz gesagt: Von dieser Voraussetzung aus war für den Misrachi die Möglichkeit
gegeben, als Sonderverband der Zionistischen Organisation mit den übrigen
Zionisten aller Schattierungen zusammenzuarbeiten.
Die Auseinandersetzungen um die "Kulturfrage" sollten aber auch an der Misrachi
nicht spurlos vorübergehen. Als auf dem 10. Zionistenkongress im Sommer 1911 in
Basel die Forderung, Kulturfragen und Kulturarbeiten wie bisher den einzelnen
Fraktionen zu überlassen, von den Delegierten abgelehnt wurde, spaltete sich die
Organisation. Ein Teil der Misrachi formierte sich außerhalb der zionistischen
Bewegung und ging mit bisher noch nicht organisierten orthodoxen Juden in der
Agudas Jsroel (Bund Israels) auf, um ihre absolute Unabhängigkeit von jedem
anderen Willen außer der Thora zu manifestieren. Religionsgemeinschaft und
nationale Einheit waren ihrer Auffassung nach diametral voneinander geschieden.
Und sie hielten es für ausgeschlossen, einer Vereinigung beizutreten, die sich
nicht voll der Thora verpflichtet fühlte. Aber wenn ihre Glaubensvorstellungen
ihnen auch verboten, einen jüdischen weltlichen Staat anzustreben, so bleib doch
immerhin das talmudische Gebot, in Palästina zu leben. Und obgleich während der
Mandatszeit und bis zur Staatsgründung antinational und antizionistisch, so hat
die Weltorganisation der Agudas Jisroel durch Organisation der Einwanderung und
Ansiedlung von orthodoxen Juden in Palästina doch einen wesentlichen Teil zur
späteren Staatsgründung beigetragen.
Misrachi und Agudas haben zu allen Zeiten, die einen in der Zionistischen
Organisation, die anderen im heutigen Staat Israel, die schwersten Probleme
aufgeworfen. Beiden Richtungen ging stets die Religion vor der nationalen Idee.
Ihre Vorstellungen von einem Aufbau des jüdischen Gemeinwesens auf
traditionell-gesetzestreuer Religionsanschauung laufen auf einen rein
theokratischen Staat hinaus, was bis zum heutigen Tage das politische Leben in
Israel belastet und die Gefahr eines Kulturkampfes in sich birgt.
Rechtsparteien
Innerhalb der Zionistischen Organisation bildete sich neben den bereits
skizzierten Richtungen auch ein revisionistischer Flügel, der sich im April 1925
unter der Führung Vladimir Jabotinskys in Opposition gegen die herrschende
zionistische Richtung Weizmanns konstituierte. Der Name Zionisten-Revisionismus
erklärt sich durch die Tendenz der Gruppe, die zionistische Politik der
Nachkriegszeit zu "revidieren" im Sinne der Rückkehr zu der Herzlschen Idee des
Judenstaates. Entsprechend dieser Zielsetzung nannte Jabotinksy in
offensichtlicher Anlehnung an Herzls programmatische Schrift sein 1938
veröffentlichtes Buch "Der Judenstaat".
Die Revisionisten bezichtigten die Leitung der Zionistischen Organisation, vor
allem Chaim Weizmann, einer inneren Abkehr von den überkommenen zionistischen
Idealen. Die Vorwürfe gipfelten in der Anschuldigung, die Zionistische
Organisation verfolge eine falsche Politik, insbesondere auf dem
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Sektor. Bevor eine solche Arbeit in
Palästina in Angriff genommen werden könne, das war die einhellige Auffassung
unter den Revisionisten, müssten erst politische Machtmittel geschaffen werden.
Darunter verstanden sie die Schaffung einer jüdischen Legion und das Einwirken
auf die Mandatsmacht, die Einwanderung und Kolonisation tatkräftig zu fördern,
insbesondere durch Übersiedelung und entsprechende legislative und
administrative Maßnahmen in Palästina. Um diese beiden Forderungen
durchzusetzen, bedürfe es einer energischen jüdischen Politik, einer
"politischen Offensive", so argumentieren sie, die alle Macht des jüdischen
Volkes einsetze. Als ersten Schritt, dieses Ziel zu erreichen, hielten sie es
deshalb für notwendig, die offizielle Sprachregelung zu bekämpfen, wonach der
Zionismus ein Nationalheim und keinen jüdischen Staat fordere. Aus diesem Grund
verstand die Revisionistische Partei zu allen Zeiten die Balfour-Erklärung als
Verpflichtung zur Schaffung eines Staates. Dies sei ihr einziger Sinn gewesen
und "jede Zielsetzung, die etwas anderes erstrebt", so wurde von ihnen
formuliert, "lehnen wir ab".[31]
Der von Jabotinsky und seinen Anhängern vertretene Revisionismus verstand sich
selbst nicht als der Niederschlag einer reaktionären Ideologie, wie seine Gegner
behaupteten, sondern als legitimer Verwalter der Zionistischen Idee. Selbst wenn
man heute gewillt ist, unter Berücksichtigung der damaligen jüdischen Situation
gegenüber manchen Erscheinungen der revisionistischen Ideologie nachsichtig zu
sein, so sind doch die Vorwürfe ihrer Gegner nicht zu unterschätzen. Immerhin
haben die Revisionisten das Primat einer unbedingten Machtpolitik vertreten, was
ihnen zwangsläufig die Anschuldigung eingebracht hat, faschistische oder
halb-faschistische Gedankengänge zu vertreten. Ihr Großraumdenken, das zu dem
Vorsatz führte, Palästina beiderseits des Jordans militärisch erobern zu wollen,
war jedenfalls nicht dazu angetan, diese Anschuldigung zu entkräften. Hinzu kam,
dass die Revisionisten in scharfem Gegensatz zur jüdischen Arbeiterschaft
standen, insofern sie ein Programm für den wirtschaftlichen Aufbau Palästinas
entwickelten, in dem das Prinzip der privatkapitalistischen Wirtschaft und das
Prinzip der Ablehnung eines jeden Klassenkampfes wesentliche Hauptbestandteile
waren. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass die Revisionisten nur eine
Minderheit waren, so haben sie dennoch die zionistische Bewegung nachhaltig
beeinflusst. Einige Programmpunkte der revisionistischen Ideologie wurden im
Laufe der Jahre Allgemeingut. Und manches, was an der heutigen israelischen
Politik Kopfzerbrechen bereitet, hat im revisionistischen Selbstverständnis
seine Wurzeln.
>>Zionismus und Assimilation
>> Zurück
Anmerkungen:
[25] Zu der Einteilung in vie ideologische Hauptrichtungen
vgl. Heinz Wagner, der arabisch-israelische Konflikt im Völkerrecht, Berlin
1971, S. 73 bis 84: Ebenfalls vgl. hierzu das noch immer aufschlussreiche
Kapitel II "Die Einzelformen des modernen Zionismus" bei Abraham Schlesinger,
Einführung in den Zionismus, Frankfurt/M., S. 10-131.
[26] Der folgende Überblick über den sozialistischen Zionismus kann nur
kursorisch sein. Es sei deshalb hingewiesen auf die Veröffentlichung von Peretz
Mercahv; die israelische Linke, Zionismus und Arbeiterbewegung in der Geschichte
Israels, Frankfurt/M. 1972, der in umfassender Weise die Entwicklung der
jüdischen Arbeiterbewegung in Palästina dargestellt hat.
[27] Über den "Volkssozialismus" vgl. die noch immer instruktive Darstellung von
Viktor Ch. Arlosoroff, Der Volkssozialismus, Berlin 1919.
[28] Vgl. Ben Elieser [Pseudonym Syrkins], Die Judenfrage und der sozialistische
Judenstaat, Bern 1897, Dazu auch Marie Syrkin, New York 1960.
[29] Nachum Goldmann, Die drei Forderungen des jüdischen Volkes, Berlin 1919, S.
19.
[30] Zit. nach Abraham Schlesinger, Einführung in den Zionismus, S. 71.
[31] Richard Lichtheim, Revisionismus, in: Parteien und Strömungen im Zionismus
in Selbstdarstellungen, hrsg. von der jüd. akad. techn. Verb. Barissia, Prag
1931, S. 50.
hagalil.com
28-09-05 |