Berl Katznelson (1887-1944)
Berl
Katznelson wurde in Bobrinsk, Weissrussland, geboren. Sein Vater, ein
Kaufmann, war Mitglied der
Chovevei
Zion. Berl ging nur unregelmäßig in die traditionelle jüdische Schule,
den Cheder, erhielt aber Privatunterricht und bildete sich selbst in der
russischen Bibliothek des Vaters fort.
Katznelson wurde bald als begabter und
unabhängiger Redner zu theoretischen Problemen des Nationalismus und
Sozialismus bekannt. Er nahm zu Hause, wie auch in Kiew und Odessa an
öffentlichen Diskussionen mit Führern der zionistischen Gruppen teil,
darunter auch Ber Borochov. Katznelson schloss sich schließlich den
Zionisten-Sozialisten unter Führung von Nahman Syrkin und anderen an.
Nachdem er die erforderliche Prüfung
abgelegt hatte arbeitete er als Lehrer für hebräische Literatur und jüdische
Geschichte an einer Schule für mittellose Mädchen. Zudem arbeitete er als
Bibliothekar in der neu gegründeten hebräisch-jiddischen Bibliothek in
Bobruisk.
Katznelson träumte seit seiner Kindheit
von der Alijah nach Eretz Israel. Er beschloss daher ein Handwerk zu
erlernen, das ihm und seiner Familie den Neuanfang ermöglichen sollte. Er
arbeitete daher bei einem Blechschmied, als Graveur und in einer Gießerei.
Nicht wirklich geeignet für derlei Arbeiten zog sich Katznelson deprimiert
und krank zurück, konnte jedoch im Herbst 1908, nachdem er vom Militärdienst
ausgemustert worden war, mit seinen Ersparnissen und einem Preis der
Gesellschaft zur Förderung der Aufklärung die Reise antreten.
1909 in Palästina angekommen, arbeitete
Katznelson zunächst in der Landwirtschaft und in einigen Arbeiterräten. In
Ein Ganim teilte er sich ein Zimmer mit A. D.Gordon und Joseph Chaim
Brenner, die seine engsten Freunde wurden.
Gemeinsam mit Meir Rotberg gründete er
1916 während der schwierigen Versorgungslage des Ersten Weltkriegs eine
Genossenschaft für den Verkauf von Lebensmitteln, die er "haMaschbir"
nannte. Um den Gesundheitsproblemen der Arbeiter zu begegnen, half er die
"Kuppat Cholim", die "Krankenkasse" ins Leben zu rufen.
Zwischen 1918 und 1920 diente Katznelson
in der jüdischen Legion als Freiwilliger. Dort traf er David Ben Gurion, der
von Katznelsons Ruf nach Einheit der Arbeiterparteien begeistert war. Erst
mit der Gründung der Mapai-Partei 1930 wurde diese Forderung Katznelsons
umgesetzt.
Katznelson verfasste zahlreiche
Programme und Arbeitspläne für die zionistische Arbeiterbewegung und führte
Jugendseminare in Rechovot, am Carmel und in Ben Schemen durch.
Nach der Gründung der Gewerkschaft
Histadrut 1920 wurde Katznelson als Chefredakteur des Organs "Dawar"
gewählt. Dawar erschien ab 1925 als Tageszeitung und wurde erst 1996
eingestellt. Die moralische Autorität Katznelsons und sein Einfluss auf die
Redaktionsarbeiten machten die Zeitung zum spirituellen Führer für die
Arbeiterklasse und zogen viele Leser von außerhalb der Bewegung an.
Katznelson sah im Jüdischen
Nationalfonds die wichtigste Stütze für den Aufbau einer
Arbeitergesellschaft. Er wurde als Direktor berufen und widmete sich bis zu
seinem Lebensende intensiv dieser Arbeit. Dagegen weigerte er sich, der
Zionistischen Exekutive beizutreten.
Katznelson war sehr daran interessiert,
den Einfluss jüdischer Werte und der hebräischen Literatur zu erhalten. Oft
stand er, auch unter Idealisten der Arbeiterbewegung, allein mit seiner
Ansicht. Er war einer der wenigen innerhalb der säkularen Arbeiterkreise,
die für die Einhaltung des Schabbat, koschere Histadrut-Küchen und
Beschneidungen in den Kibbutzim eintrat.
Katznelson lehnte im Gegensatz zu Chaim
Weizmann und David Ben-Gurion eine Teilung Palästinas, wie von der Peel
Kommission 1939 vorgeschlagen, ab. Als die Briten 1939 der jüdischen
Einwanderung immer feindlicher gegenüberstanden, wurde er zu einem der
Initiatoren der
"illegalen" Einwanderung. Unter seiner Leitung sprangen seine
Anhänger mit Fallschirmen in von den Nazis besetzten Gebieten ab, um
jüdischen Überlebenden zu helfen. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges
prophezeite Katznelson, die Juden würden aus dem Krieg mit einem jüdischen
Staat hervorgehen. Er akzeptierte schließlich eine Teilung des Landes, um
freie jüdische Einwanderung zu gewährleisten. Seine letzte Leistung war die
Einrichtung und Leitung des Histadrut Verlages, Am Oved.
Berl Katznelson starb 1944 in Jerusalem
und wurde in Kinneret begraben.
Golda Meir schrieb über Berl Katznelson:
"In den Zwanziger-, Dreißiger- und frühen Vierzigerjahren, bis zu seinem
Tod, fragte jeder in der Arbeiterbewegung zuerst: Aber was denkt Berl
darueber? (...) Woran glaubte er? Wie die meisten von uns glaubte er daran,
dass unsere Art des Sozialismus anders sein musste; dass wir dabei waren,
eine Gesellschaft zu schaffen, und nicht nur eine Handelsunion; und dass der
Klassenkampf in einer Gemeinschaft, die noch keine Klassen hatte,
bedeutungslos war. Für ihn war der Zionismus eine der größten revolutionären
Bewegungen der Welt, und er beschrieb ihn als den Angelpunkt, von dem die
zeitgenössische jüdische Geschichte abhing. Zionismus bedeutete für ihn die
totale Rebellion gegen jegliche Knechtschaft der Diaspora und die Schaffung
einer arbeitenden jüdischen Bevölkerung, die auf allen Gebieten der
Landwirtschaft und Industrie versiert ist."
Der Zionismus am Scheideweg
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10-05-07 |