Nahum Sokolow (1859-1936)
Nahum
Sokolow wurde 1859 in Wyszogrod, Polen geboren. Seine Familie hatte viele
Rabbiner und andere öffentliche Persönlichkeiten vorzuweisen. Er erhielt
sowohl eine traditionell jüdische wie auch eine allgemeine Ausbildung. Nach
seiner Heirat mit 17 Jahren lebte er im Haus der Schwiegereltern in Makow
und setzte seine Studien fort. Zu dieser Zeit begann er zu einer Fülle von
Themenbereichen zu publizieren: Poesie, Theater, Wissenschaften, jüdische
Themen und mehr. Sein erster literarischer Versuch war 1874 ein Bericht aus
Plock für die hebräische Wochenzeitung "Ivri Anochi".
Nahum Sokolow wurde zum Pionier des
modernen hebräischen Journalismus. Er schrieb zunächst über
wissenschaftliche Themen für die Zeitung haZfirah und wurde bald deren
berühmtester Kommentator. Auch sein erstes Buch "Matzukei Aretz"
beschäftigte sich mit Naturwissenschaften, Geographie und Geologie. Daneben
begann er auch in Jiddisch, Deutsch und Polnisch zu schreiben. 1880 zog
Sokolow nach Warschau, und publizierte seine berühmt gewordene Serie "Zofeh
leWeit Israel", eine Kolumne im Feuilleton-Stil. Seitdem gehörte er zum
festen Stab von haZfirah und wurde schließlich dessen Chefredakteur. Dabei
verstand er es in der Geschichte der hebräischen Presse erstmals, ein großes
Publikum zu binden, sowohl säkulare wie auch orthodoxe Juden zählten zu
seinen Lesern. 1886 wurde haZfirah zu einer Tageszeitung, Sokolow schrieb
sowohl in allen Sparten der Zeitung wie auch für andere Publikationen,
Projekte und in diversen Sprachen.
Den Bestrebungen der Chibbat Zion
Bewegung stand Sokolow sehr reserviert gegenüber, Pinskers
"Autoemanzipation" kritisierte er hart. Auch Herzls "Judenstaat" sah er
kritisch. Erst durch sein Beiwohnen am ersten Zionistenkongress in Basel
1897 als Korrespondent für haZfirah und sein Zusammentreffen mit Herzl wurde
er zu einem von Herzls größten Bewunderern. haZfirah wurde zur loyalsten und
engagiertesten hebräischen Publikation für den Zionismus.
Der
Titel von Sokolows Übersetzung von Theodor Herzls utopischem Roman
"Altneuland" wurde zum Namensgeber für die erste jüdische Stadt in Eretz
Israel:
Tel Aviv.
1906 stellte haZfirah die Publikation
ein. Sokolow wurde noch im selben Jahr als Generalsekretär der Zionistischen
Organisation bestellt. Als erstes rief er eine offizielle hebräische
Wochenzeitung der Zionistischen Organisation, "haOlam", ins Leben. Sokolow
wurde 1911 auch in die Zionistische Exekutive gewählt. Er reiste durch
Europa, in die USA und Kanada, um Unterstützung für die zionistische Sache
zu erhalten. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs ging er nach London und war
dort, gemeinsam mit
Chaim Weizmann, in politische Aktivitäten involviert. Sokolow war
nach Herzl der erste Jude, der eine Audienz beim Papst erhielt. Sokolow
spielte eine bedeutende Rolle in den Bemühungen um die Balfour Erklärung und
war Vorsitzender des Komitees, das die Formulierung vorbereitete. Gemeinsam
mit Chaim Weizmann zählte er zu den bedeutendsten Figuren zionistischer
Politik dieser Zeit.
Daneben publizierte Sokolow weiter in
zahlreichen Zeitungen. 1919 erschien schließlich seine zweibändige
"Geschichte des Zionismus, 1600-1918", ein monumentales Werk, das neben der
engen Bindung des jüdischen Volkes an Eretz Israel das Verhältnis von
Nichtjuden zur Rückkehr der Juden in ihr Land berücksichtigte. Sokolow
wollte dadurch die Balfour Erklärung in eine lange Tradition in England
stellen.
Nach dem Ersten Weltkrieg leitete
Sokolow die jüdische Delegation zur Pariser Friedenskonferenz. Er wurde zum
Vorsitzenden der Zionistischen Exekutive gewählt und reiste ab 1920
unermüdlich durch die Welt, um die Finanzierung des neu gegründeten Keren
haYesod zu sichern.
Nach den arabischen Unruhen in Palästina
wuchs die Opposition, angeführt von Chaim Weizmann, zur Politik der
Zionistischen Exekutive innerhalb der Bewegung. Weizmann wurde daraufhin
nicht wiedergewählt und Sokolow wurde 1931 Präsident der Zionistischen
Bewegung, eine Position, die er bis zur Wiederwahl von Weizmann 1935
innehatte.
1935 wurde Sokolow zum Ehrenpräsidenten
der Zionistischen Organisation ernannt. Er starb 1936 in London. Seine
sterblichen Überreste wurden 1956 auf dem Herzl Berg in Jerusalem bestattet.
Nahum Sokolow hat wie kein anderer alle
drei Aspekte des Zionismus in sich vereint: praktischer, politischer und
kultureller. Er war aber vor allem der bedeutendste hebräische
Schriftsteller und Journalist seiner Zeit. Chaim Nachman Bialik soll über
ihn gesagt haben: "Wenn man versuchen müsste, alle Schriften Sokolows zu
sammeln, seine Artikel, Essays, Feuilletons, Reiseimpressionen, Studien,
Geschichten, etc., und an einem Ort versammeln, man würde 300 Kamele
brauchen."
Einführung zu "Geschichte des
Zionismus"
Zurück zur Übersicht
hagalil.com
10-05-07 |