Henrietta Szold (1860-1945)
Henrietta
Szold wurde 1860 in Baltimore geboren. Ihre Eltern waren ein Jahr zuvor aus
Ungarn in den USA gekommen. Der Vater, Rabbiner Benjamin Szold, ließ
Henrietta, als älteste von acht Schwestern, die Aufmerksamkeit und
Ausbildung des Erstgeborenen zukommen. Neben deutsch, das zu Hause
gesprochen wurde, lernte Henrietta schon in frühen Jahren englisch,
französisch und hebräisch und unterrichtete sie sowohl in säkularen wie
religiösen Aspekten.
1877 schloss Henrietta Szold die Western Female High School ab und
unterrichtete im Anschluss knapp 15 Jahre Deutsch, Französisch, Botanik und
Mathematik an einer angesehenen Mädchenschule in Baltimore, sowie Bibel- und
Geschichtsunterricht für Erwachsene an der Ohew Schalom Schule ihres Vaters.
Daneben begann sie zu publizieren und schrieb unter dem Pseudonym "Sulamith"
für den New York Jewish Messenger.
Entscheidenden Einfluss auf Henrietta Szolds weiteren Lebensweg brachte der
Zuzug von russisch jüdischen Emigranten in den achtziger Jahren des 19.
Jahrhunderts. Die hebräischen Intellektuellen unter den Emigranten
organisierten sich in der " Isaac Baer Levinsohn Literary Society" und auf
Henrietta Szolds Anregung hin wurde 1888 eine Abendschule für Emigranten
eröffnet, die zum Modell für die Amerikanisierung von Emigranten werden
sollte.
In dieser Phase wurde Henrietta zur Zionistin. 1897 trat sie der
neugegründeten Zionistischen Vereinigung Baltimores, der Hebras Zion, bei.
Ihrem Interesse für jüdische Wissenschaft konnte sie ab 1893 als Sekretärin
der Gesellschaft für jüdische Publikationen nachgehen. Daneben übersetzte
sie zahlreiche Werke und gab 1899 das erste Amerikanisch-jüdische Jahrbuch
heraus.
Nach dem Tod des Vaters zog Henrietta mit ihrer Mutter 1902 nach New York,
wo sie sich in ihrer Freizeit dem Hebräisch- und Talmudstudium am Jüdisch
Theologischen Seminar widmete. 1907 trat sie zusätzlich dem Hadassah
Studienzirkel bei, dessen Mitglieder über verschiedene Aspekte der jüdischen
Geschichte publizierten.
Nach einem physischen Zusammenbruch, ausgelöst durch den beständigen Druck
von zu viel Arbeit und eine unglückliche romantische Liaison, reiste
Henrietta mit ihrer Mutter durch Europa und Palästina. Dieser Besuch von
1909 im heiligen Land beeindruckte sie nachhaltig. Nach ihrer Rückkehr war
sie überzeugt, gegen das Elend und die Armut der jüdischen Bevölkerung in
Palästina aktiv werden zu müssen und wurde 1910 Sekretärin der Vereinigung
der Amerikanischen Zionisten.
Zwei Jahre später, am 24. Februar 1912, gründeten 38 Frauen die "Hadassah
Abteilung der Töchter Zions". 1914 wurde der Name in "Hadassah" geändert,
Henrietta Szold wurde deren erste Präsidentin.
1916 wurde Henrietta von einer Gruppe Zionisten ein lebenslanges Gehalt
zugesagt, das sie von der Bürde befreite, für ihren Lebensunterhalt zu
arbeiten. Mit dieser Freiheit übernahm Henrietta Szold noch im selben Jahr
für Hadassah die Verantwortung, eine "Amerikanische Zionistische
Medizinische Einheit", bestehend aus Ärzten, Schwestern, Verwaltung,
Fahrzeugen und Medikamentenvorrat, zu organisieren. Die Einheit brach im
Juni 1918 nach Palästina auf. Henrietta reiste im Februar 1920 hinterher,
nachdem sie als neue Leiterin der medizinischen Einheit und Gesandte für
zionistische Erziehung ernannt worden war.
Von nun an arbeitete sie fast die gesamte Zeit ihres Lebens in Palästina.
Neben der Leitung der medizinischen Einheit war sie zunächst mit der neu
gegründeten Schwesternschule und der Gesundheitsarbeit in den jüdischen
Schulen beschäftigt.
1926 trat Henrietta Szold von ihrem Posten bei Hadassah zurück und wurde zur
Ehrenpräsidentin der Hadassah ernannt. Ein Jahr darauf wurde sie zum
Mitglied der dreiköpfigen Exekutive der Zionistischen Weltorganisation
gewählt, zuständig für Gesundheit und Erziehung. 1939 wurde ihr ein Sitz im
palästinensischen Nationalrat angeboten und Henrietta Szold übernahm das
Portfolio für soziale Wohlfahrt. Unter ihren zahlreichen Errungenschaften
war ein Hygieneprogramm, die Rehabilitation von jugendlichen Straftätern und
die Einrichtung von Berufsschulen.
1933 wollte Henrietta Szold eigentlich in die USA zurückkehren, doch sie
sollte noch ihr denkwürdigstes Projekt ausführen, als sie 1934 zur Leiterin
der sog.
Jugendalijah ernannt wurde. Die Jewish Agency bereitete dadurch,
gemeinsam mit einer deutsch-jüdischen Jugendorganisation, Jugendliche auf
ihr Leben in Palästina vor. Bei der Vorbereitung und dem Empfang der jungen
Einwanderer galt es viele Schwierigkeiten zu überwinden. In Deutschland und
später in der ganzen Welt wurde Geld gesammelt und verschiedenen Siedlungen
als Anleihe gegeben. Henrietta Szold sorgte für die Erziehung der
Jugendlichen, die Hebräisch, jüdische Geschichte, Geographie von Eretz
Israel lernen und an verschiedenen anderen Kursen teilnehmen mussten. Die
erste Gruppe kam 1934 ins Land. Bis 1948 kamen 30.000 Kinder über das
Programm der Jugendalijah nach Palästina.
Henrietta Szold initiierte und gründete viele Hadassah Institutionen in
Palästina. 1934 legte sie den Grundstein zum Hadassah Krankenhaus am Mount
Scopus in Jerusalem. An ihrem 80. Geburtstag las sie ihren letzten Willen
einem Kreis von Freunden vor, in dem sie ihren Wunsch ausdrückte, ein
Zentrum für Forschung und Koordinierung von Jugendaktivitäten zu gründen und
mit einem Fond auszustatten. Diese Organisation wurde nach ihrem Tod Mossad
Szold.
1944 war Henrietta Szolds Gesundheitszustand bereits so schlecht, dass sie
nicht mehr in die USA reisen konnte, um die Doktorwürde der Boston
Universität anzunehmen. Sie wurde ihr per Radioübertragung verliehen.
Henrietta Szold starb 1945 an den Folgen einer Lungenentzündung in dem von
ihr gegründeten Hadassah Krankenhaus.
Im Folgenden sind drei Briefe von
Henrietta Szold zu lesen, die von ihren unermüdlichen Anstrengungen für das
Wohl der jüdischen Bevölkerung Palästinas im Allgemeinen und der Jugend im
Speziellen berichten:
Brief aus Jerusalem, 13. März
1921
Brief aus Jerusalem, 2. Juni
1934
Brief aus Jerusalem, 28.
Dezember 1934
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10-05-07 |