Briefe von Henrietta Szold
Jerusalem, 28. Dezember
1934
Vor zwei Wochen sind 86 Kinder aus Deutschland hier
angekommen. 75 von ihnen habe ich in Haifa getroffen und in die
Emek-Ha-Jordan-Siedlungen gebracht. Ich blieb bis zum nächsten Tag bei
ihnen, sah sie gut untergebracht und versicherte mich der Anwesenheit von
Fliegengittern, Moskitonetzen und sanitären Installationen. Ich feierte mit
ihnen einen herzlichen Empfang mit Festessen, Singen, Tanzen und Ansprachen.
Zu diesem Zweck kamen auch die Siedler aus fünf kwuzot, die in der
Nachbarschaft liegen, in Deganiah Aleph zusammen. Die kwuzot wurden
natürlich nicht als pädagogische Einrichtungen gegründet, doch, wenn man
urteilen müsste, hätten sie es auf Grund der Art und Weise, wie sie diesen
Flüchtlingskindern ein Zuhause bieten und sie auf ihre Ausbildung
vorbereiten, sein können.
Mein Pessimismus verschwindet regelmäßig, wenn ich ein paar Stunden in einer
kwuzah verbringe – ich vergesse, dass ich eine Zynikerin bin. Es ist ein
Leben der Entbehrung jedoch nicht der Auszehrung. Die Entbehrung wird
kompensiert durch die Errungenschaften und durch das Bewusstsein, dass
sowohl Entbehrung wie Erfolg eine gemeinsame Verantwortung und einen
gemeinsamen Vorteil in sich tragen.
Übersetzung von Daniela Marcus
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hagalil.com
10-05-07 |