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DAS VOLK DES BUCHES
im Ghetto
Die Ghetti und andere Ansammlungen jüdischen Lebens waren
Mittelpunkte intensiver Geschäftigkeit, in denen die Flamme des Wissens
unaufhörlich glimmte. Mehr als das: Ihre kollektive Existenz spiegelte genau
das "Volk des Buches" wieder.
Über Hunderte von Jahren des Exils und des Drangsals
lebten die Juden mit ihren Büchern und entsprechend ihrer Bücher, die
sie von Generation zu Generation weitergaben, und mit denen sie ihren
Verstand und ihre Gedankengänge schärften. Sie setzten für sich selbst
Anführer fest, die Gelehrte der Heiligen Bücher waren, was mitbegründet
dadurch war, dass die anderen Schauplätze menschlichen Tuns für die
Juden verschlossen blieben. So blieben die Geschehnisse im Ghetto ohne
oder nur mit geringer Teilnahme von draußen. Und umgekehrt hatten die
Juden am Leben außerhalb der Ghettos kaum Anteil. Sie bewahrten eine
Tradition. Sie widerstanden dem Unheil und überlebten, was mit
Bewunderung betrachtet werden muß. Doch sie wurden daran gehindert,
größere Schritte außerhalb ihres Milieus zu unternehmen, Kontinente zu
entdecken, neue Kunststile zu schaffen, Städte zu bauen, Seewege zu
finden, die Wirtschaft zu verändern oder Krieg zu führen. Und doch gab
es hier und dort einen Hoffnungsschimmer jenseits der Ghetto-Mauern, und
auch in den Jahren der größten Not gab es Männer, deren Leistungen
großen Einfluss hatten, sogar auf die feindlich gesonnene Welt außerhalb
der Ghettos. |

Maimonides - einer der größten aller jüdischen Gelehrten und in Cordoba
geborener Autor der "Mischna-Tora", einem monumentalen Sammelwerk aller
jüdischen Gesetze (oben ein illustriertes Manuskript aus dem 14.
Jahrhundert) und des umstrittenen "Führer für die Verwirrten", mit dem er
versuchte zu beweisen, dass sowohl Vernunft als auch Glaube Quellen der
Offenbarung sind. |
Im 16. Jahrhundert waren die Juden
Venedigs dazu gezwungen, in einem kleinen Viertel unweit einer Gießerei,
die "Ghetto" hieß, zu leben. Später wurde dieser Name auf die jüdischen
Viertel vieler Städte angewandt. Gegenüber: eine malerische Szene des
ersten Ghettos und der prachtvolle Innenraum einer seiner Synagogen.
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Eine dieser
bemerkenswerten Persönlichkeiten war
Maimonides,
Moses, Sohn von Maimon (1138-1204), der mit dem Titel der "Große Adler"
behaftet wurde, und von dem man sagte: "Von Moses (dem Gesetzgeber) bis
Moses (Maimonides) gab es niemals einen wie Moses." Maimonides galt über
die Generationen hinweg als größte Autorität in der jüdischen
Gesetzgebung. Er war ein bedeutender Philosoph, Astronom, Gesetzexperte,
ein angesehener Arzt und darüber hinaus Anführer der jüdischen Gemeinde
in Ägypten. Der im spanischen Cordova geborene Maimonides wanderte mit
seiner Familie nach Marokko und in das Land Israel, bis er sich
schließlich in Kairo niederließ, wo er Hofarzt an Saladins Hof wurde. Er
schrieb die monumentale
Mischne Tora, mit der er ein umfassendes Gesetzbuch aller
jüdischen Regeln bot.
Das Werk stützt sich auf einen Überblick der gewaltigen Sammlung von
Arbeiten zu dem Thema. Später verfasste er seinen großen
Führer für die Verwirrten, mit dem er versuchte, die
Prinzipien des jüdisch-religiösen Glaubens mit der Philosophie von
Aristoteles und einer rationalen Erklärung der Naturgesetze zu
vereinbaren. Der Führer, der zu Beginn des 13. Jahrhunderts ins
Lateinische sowie in die meisten europäischen Sprachen übersetzt wurde,
beeinflusste über die Jahrhunderte hinweg eine lange Liste westlicher
Philosophen. Maimonides' elf medizinische Abhandlungen waren ebenfalls
hoch einflussreich. Sie bieten eine Beschreibung psychosomatischer
Symptome, eine korrekte Einschätzung der Nebenwirkungen verschiedener
Medikamente und Beschreibungen von operativen Eingriffen. Die arabische
Urfassung wurde, auch in die hebräische und lateinische Sprachen
übersetzt und anschließend intensiv von den mittelalterlichen Ärzten
genutzt.
In die Fußstapfen von Maimonides trat Rabbi Levi Ben Gerschon,
("RaLBaG" - 1288-1344), ein Philosoph, Bibelkommentator, Physiker,
Mathematiker und Astronom, der im heutigen Frankreich lebte. Seine erste
Arbeit war das Sefer Ha-Mispar - Das Buch der Zahl - in
dem er mathematische Prinzipien und ihre Anwendung behandelt und darüber
hinaus wichtige trigonometrische Lehrsätze entwickelt. Sein wichtigstes
Werk war das Sefer Milhamot Adonai (Das Buch der Kriege des
Herrn), das in sechs Abschnitte geteilt ist, die die Unsterblichkeit
der Seele behandeln, die Prophezeiung, Gottes allmächtiges Wissen und
der freie Menschenwille, die göttliche Vorsehung, himmlische Sphären und
die Schöpfung der Welt. Im philosophischen Teil dieser Abhandlung
entlarvt sich Ralbag als aristotelischer Denker, der sich nicht auf den
religiösen Bereich beschränkt und nicht zögert, sich offen sowohl gegen
Maimonides als auch gegen Aristoteles zu stellen. Im astronomischen
Abschnitt kritisiert er das ptolemäische System und stellt zwei
wesentliche Neuerungen vor: ein geometrisches Modell zur Berechnung der
Mondbewegung, und Jacob's Latte - eine Konstruktion zur Feststellung des
Winkels zwischen den verschiedenen Himmelskörpern, die später vor allem
von Seefahrern als Navigationsinstrument genutzt wurde.
Jakob's
Latte, ein Instrument für die Seefahrt zur Navigation, das der jüdische
Gelehrte Levi Ben Gerschon (1288-1344) entwickelte.
Ralbags philosophische Anschauungen hinterließen tiefe Wirkungen,
sowohl positiv als auch negativ, auf Baruch (Benedict)
Spinoza
(1632-1677), eine der Hauptfiguren in der intellektuellen Geschichte der
westlichen Welt und der bedeutendste Philosoph in der jüdischen
Gemeinschaft. Georg Hegel sagte über ihn: "Entweder Spinoza oder gar
keine Philosophie." Henri Bergson gab seiner Größe Ausdruck, als er
erklärte: "Jeder Philosoph hat zwei Philosophien - seine eigene und die
Spinozas." Seine Schriften, einschließlich seines Tracatus
Theologico-Foliticus, Über die Korrigierung des Verständnisses, und
Ethik, beschäftigten die Philosophen seit ihrer Veröffentlichung.
Seine Philosophie hatte großen Einfluss auf Kant und Hegel, Marx und
Nietzsche, Heine, Freud und Einstein.
Es war Spinoza, der behauptete: "Da es zur Natur der Substanz gehört,
dass sie unendlich ist, so folgt daraus, dass zur Natur der Substanz
jeder Teil der körperlichen Substanz gehört und dass sie ohne diese
weder sein noch begriffen werden kann." Spinozas Philosophie hält die
Wahrheit für unstet aber die Unwahrheit auch, und Gott ist für ihn
"nichts anderes als die Natur." Was auch immer in der Welt existiert,
erklärt er, ist eine Reflexion der Existenz als Ganzes. Die Welt und
alles in ihr, einschließlich des Menschen als natürliche Schöpfung, ist
es, was tatsächlich existiert. Darüber hinaus finden wir in der Welt die
alleinige Quelle für jeden ethischen und politischen Wert und jede Norm.
Gott selbst ist identisch, nach Spinoza, mit der Gesamtsumme der Natur,
und seine Gesetze sind nicht in der Tora geschrieben, sondern in den
Gesetzen der Natur. Diese Prinzipien ausformulierend konstruiert Spinoza
eine Theorie des Wissens. Er legte den Grundstein für die Bibel-Kritik
und schaffte den Rahmen für den modernen Säkularismus und die politische
Philosophie in ihrer Grundlage. Von ihm lernen wir, unter anderem, daß
der demokratische Staat, der auf rationale Fundamente basiert, der beste
aller Staaten ist.
 Baruch
(Benedictus) Spinoza (1632-1677), einer der
größten Philosophen der westlichen Welt und des Judentums, verdiente
seinen Lebensunterhalt als Schleifer und Polierer von Linsen. Er schrieb
eine Anzahl von außerordentlich bedeutenden Ausführungen, darunter
"Tracatus" und "Ethik". Er war ein Pionier in seinem Kampf für die
Freiheit der Gedanken und Demokratie, er beeinflusste zahlreiche
westliche Philosophen und half, den Weg für die Säkularisation und
Modernisierung Europas zu ebnen. Sein Portrait stammt von einem
unbekannten holländischen Maler aus dem Jahre 1670.
Als Abkömmling der
spanischen
Marranos, die zu der portugiesisch-jüdischen Gemeinde in Amsterdam
gehörten, war Spinoza kein Repräsentant für die Etablierung des
Judaismus. Nicht nur war er, wie jeder andere große Philosoph auch, auf
sich allein gestellt, sondern er wurde darüber hinaus von seiner
Gemeinschaft exkommuniziert. Ein Status erklärte deutlich, daß "niemand
die Erlaubnis hat ... irgendein Werk, das er schrieb oder erarbeitete,
zu lesen! Nichtsdestotrotz ist Spinoza Fleisch vom Fleisch und Blut vom
Blut des Judentums. Seine Arbeiten sind in der jüdischen Geschichte und
jüdischen Tradition tief verwurzelt. (Hegel betrachtete Spinozas
Philosophie als "den überlegensten Monotheismus der Gedankenebene").
Sicherlich war Spinoza einer der größten Persönlichkeiten, die jemals
das Judentum herausforderten. So schrieb Heine: "Der Geist der
hebräischen Propheten schwebt über diesem ihrem Nachkommen," und darum
ist es, dass er einen Ehrenplatz einnimmt für seinen Anteil am Beitrag
des jüdischen Volkes an die geistigen Reichtümer der Menschheit.
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hagalil.com 23-02-04
haChoseh vehaBoneh:
David Ben-Gurion
Es steckt in uns, ein Heimatland des jüdischen Volkes zu errichten, das
die Menschen überall loben und ihm nacheifern, seinem Leben, seiner
Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur, die interne wie externe Politik, die
auf die Lehren der Propheten basiert und die Lektionen von
Gerechtigkeit, Gnade und Frieden...
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